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Goethe und Heidelberg

erstellt am: 09.11.2018 | von: beke | Kategorie(n): Rückblick

Vortrag von Dr. Roland Krischke, Altenburg, am 7. November 2018

Heidelberg und Goethe sind in zweifacher Hinsicht verbunden. Da sind zum einen die Begegnung mit Mariane von Willemer, was zur Entstehung des West-Östlichen Divans führte, zum anderen erhielt er hier den ersten Ruf nach Weimar. In der Zeit von 1775 bis 1815 hat er sich insgesamt 14 Tage dort aufgehalten.

Er hat Heidelberg achtmal besucht. Der neunte Besuch fand nicht statt. Im Juli 1816 bestieg der 66-jährige Goethe mit seinem Malerfreund Johann Heinrich Meyer die Kutsche zur Kur nach Baden-Baden. Er wollte in Heidelberg den berühmten Kunstsammler Sulpiz Boisseree besuchen. Doch schon bei Mönchenholzhausen fand die Fahrt ein jähes Ende. Der ungeschickte Fuhrknecht warf die Kutsche um, Meyer wurde an der Stirn verletzt. Goethe verzichtete auf die Weiterfahrt und fuhr zur Schwefelkur nach Tennstedt. Meyer kam nach.

Goethe dachte immer an die junge Willemer, an ihre innigen Stunden im Heidelberger Schlosspark. Er hat den Park auch gezeichnet. Goethe und Marianne sind sich nach 1815 nicht mehr begegnet, haben gleichwohl bis zu Goethes Tod Briefe gewechselt.

1775 erfolgte der erste Besuch.

Dies war auch die Zeit der Liebe Goethes zu Lilli Schönemann. Geschäftsfrau Dorothea Dell, die Marianne seit ihrer Jugend gut kannte, zerschnitt gewissermaßen den gordischen Knoten und erlangte die Einwilligung Lillis zur Hochzeit. Nach tiefem Atemholen fielen sie sich in die Arme. Doch der Bräutigam blieb weiterhin von Widersprüchen zerrissen. Er ergiff die nächste Gelgenheit zu entkommen, begab sich in Begleitung der Grafen Stolberg und Haugwitz in die Schweiz.“Es macht uns herrliche Freude, mit Goethen zu reisen.“

Sie reisten über Mannheim, machten in Heidelberg Station, um das berühmte riesige Fass zu besichtigen. In Karlsruhe wurde Goethe der Prinzessin Luise von Hessen-Darmstadt vorgestellt. Sie erwartete ihren Bräutigam Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach. Hier erfolgte die erste Einladung an Goethe, nach Weimar zu kommen. Die Rückreise im Juli 1775 führte wieder über Heidelberg, dies ist durch einen Stammbucheintrag eines Studenten belegt, der sich Goethe genähert hatte. Goethe reiste weiter nach Darmstadt, wo er Herder traf.

Nachdem 1775 die Verlobung mit Lilli gelöst worden war, erfolgte eine neuerliche Einladung nach Weimar. Kammerjunker von Kalb sollte ihn abholen. Goethe reiste am 30. Oktober von Frankfurt nach Heidelberg, wohnte wieder bei Dorothea Dell. Sie wollte die beiden wieder zusammenbringen, und Goethe sollte eine Stellung am Mannheimer Hof erhalten. Doch endlich kam die ersehnte Kutsche. Goethe: „Ich riss mich los.“ Er fuhr nun auch nicht nach Italien, sondern nach Weimar.

Ein weiterer Besuch in Heidelberg erfolgte 1779. Er war schon Minister und reiste mit seinem Herzog zum zweiten Mal in die Schweiz. Wieder führte ihn der Weg nach Heidelberg. Er zeichnete den gesprengten Turm des Schlosses (Bleistift/schwarze Kreide). Der Turm stammt aus dem 15. Jahrhundert, in ihm wurde einstmals das Zündkraut aufbewahrt, von daher hieß er Kraut-Turm. 1693 wurden Stadt und Schloss durch die Truppen Ludwig XIV. zerstört. Um 1700 erstand alles neu.

Eine weitere Reise erfolgte 1787.

Dritte Schweizreise. Sie ist gut dokumentiert. Wieder besucht er die Dell. Er unternimmt mit ihr einen Spaziergang am Neckar, verlässt die Stadt in Richtung Heilbronn. Er bewundert und beschreibt Heidelberg in seinem Tagebuch, die „artige und reinliche“ Stadt habe etwas Ideales. Die Brücke zeige sich in einer Schönheit wie keine Brücke in der Welt. Er bewunderte ebenso die Hänge des Pfälzer Waldes.

Sohn August war übrigens Student in Heidelberg. Selbiger suchte Kontakt zu dem jüngeren Heinrich Voß, verkehrte auch im Haus des Juristen Anton Friedrich Justus Thibaut.

Sophie Mereau-Brentano starb in Heidelberg. Die Stadt war schon die Hauptstadt der Romantik geworden: Brentano, Arnim, Eichendorff…

Der nächste Besuch erfolgte 1793. Wenige Jahre zuvor hatte ein Hochwasser riesige Eismassen mit sich gebracht, die die alte Brücke über den Nackar wegrissen. Damals stand die halbe Altstadt unter Wasser. Die neue Brücke wurde 1787 gebaut. Goethe traf sich mit seinem Schwager Johann Georg Schlosser. Dessen Frau und Goethes Schwester Cornelia war bereits verstorben, ebenso Tochter Julie. Goethe kam von Mainz her, wo der Herzog an der „Befreiung“ der Stadt teilgenommen hatte: von der „Mainzer Republik“ im Gefolge der Französischen Revolution. Goethe wohnte wieder bei seiner alten Freundin Dell. „Mit Schlosser brachte ich einige glückliche Tage in Heidelberg zu.“ Doch ganz so einträchtig war das Verhältnis dennoch nicht, wie man in Goethes Schrift „Belagerung von Main“ lesen kan. Zur Farbenlehre gab es nämlich unterschiedliche Auffassungen

Ein weiterer Besuch erfolgte 1814. Goethe besichtigte im ehemaligen Sickingschen Palais, Wohn- sitz der Boisserees, deren Bildersammlung. Er verkehrte mit mehreren Persönlichkeiten, u. a. besprach er mit dem Theologen Paulus Bibelfragen. Goethe besuchte das Schloss und den Botanischen Garten und begab sich nach Mannheim.

Sulpiz und Melchior Boisseree hatten viele Kunstwerke, vor allem niederländischer und altdeutscher Meister erstanden. Zu den Gemälden gehörte der Weydensche Dreikönigsaltar, den Goethe sehr bewunderte. 1819 kaufte König Ludwig von Bayern die Sammlung. Die Gemälde wurden der Grundstock für die Alte Pinakothek in München.

1815 besuchte Goethe Heidelberg erneut. Eigentlich war dieser Besuch überhaupt nicht geplant. Goethe wollte dort Herzog Carl August treffen. Diese Visite war von großer Bedeutung für den West-Östlichen Diwan. Er traf sich nämlich für drei Tage mit Marianne von Willemer. Sulpiz Boisseree hatte die Willemers nach Heidelberg eingeladen.

Goethe und Marianne nutzten nach 1815 ihren West-Östlichen Divan, um geheime Botschaften auszutauschen, chiffrierte Briefe. 16 Lieder des Divan entstanden in Heidelberg. Der Divan erschien 1819.

Auch Stift Neuburg wurde besucht. Im Gotischen Saal entstand das erste Goethe-Museum der Welt. Dort ist auch das berühmte Goethe-Bildnis, geschaffen von Gerhard von Kügelgen, zu besichtigen.

Enkel Wolfgang, Student der Rechtswissenschaften in Heidelberg, besuchte das Stift und bekannte: „Mein Großvater war ein Hüne, und ich bin ein Hü(h)nchen.“

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