Besichtigung Gewandhaus und Besuch Panorama Tower
Von Erika Seidenbecher
Am 16. Februar 2013 fuhren 13 Mitglieder der Goethe-Gesellschaft mit dem Zug nach Leipzig, um das Gewandhaus kennen zu lernen. Auf dem Weg zum City-Hochhaus kamen wir an der Fassade der Universitätskirche vorbei. Die ursprünglich 1240 erbaute gotische Klosterkirche, die von Luther zur Universitätskirche geweiht wurde, war, trotz des Protestes der Leipziger Bevölkerung, 1968 abgerissen worden. Gegen 11.00 Uhr kamen wir im Panorama Tower an, der Gaststätte, die sich im 29. Stockwerk des Uni-Hochhauses befindet. Das Panorama-Café gilt als das höchste Restaurant Mitteleuropas und bietet einen prachtvollen Rundblick über die Messestadt. Leider war das trübe und regnerische Wetter nicht dazu geeignet, uns eine atemberaubende Sicht zu ermöglichen, aber wir trösteten uns mit dem guten Speiseangebot des Cafés Nach dem Mittagessen setzten wir uns zusammen, um uns literarischen Genüssen zu widmen. Angelika und Bernd Kemter hatten Texte von Lene Voigt auf „Sächs’sch“ mitgebracht: Märchen, Gedichte, Erzählungen, die ausgehend von bekannten Märchen und Geschichten (Heine, Goethe, Schiller), Lustiges mundartlich erzählen und uns alle zum Schmunzeln brachten. Da bis zur Besichtigung des Gewandhauses noch Zeit blieb, bummelten wir noch durch Leipzigs wunderschönes Zentrum. Wirklich sehenenswert ist die belebte Innenstadt, schön sind aber auch die prachtvollen Bauten der Bürgerhäuser, die Kirchen und Denkmale. Wir kamen an der Nicolaikirche und der Thomaskirche vorbei und betrachteten die Skulpturen von Bach, Leibniz und Mendelssohn-Bartholdy. Pünktlich 14.30 Uhr fanden wir uns am Gewandhaus ein und wurden hier schon vom Gästeführer erwartet.
Eine interessante Führung begann. Wir erfuhren, dass das erste Gewandhaus Leipzigs ein ehemaliges Zentrum der Tuchwarenhändler war und 1781 von reichen Leipziger Bürgern angekauft wurde, um hier Konzerte zu veranstalten. An einem Modell sahen wir den relativ kleinen Konzertsaal im Dachgeschoss des Hauses. Hier gründete Mendelssohn-Bartholdy auch ein Konservatorium. Damals gab es im Orchester nur 16 fest eingestellte Musiker, das heißt, dass bei Konzerten die fehlenden Musiker engagiert werden mussten. Das zweite Gewandhaus Leipzigs in der Beethoven-Straße, das von 1884 bis 1944 existierte, hatte schon zwei Konzertsäle, einen kleinen Saal für Aufführungen des Kammerorchesters und einen großen Saal für große Konzerte. Dieses Gewandhaus fiel dem Krieg zum Opfer.
Das neue Gewandhaus am Augustusplatz ist ein modernes, großzügig gebautes Gebäude, das mit dem gegenüberliegenden Opernhaus ein wunderbares Ensemble bildet und 1981 fertiggestellt wurde. Entwurf und Projektierung des Gewandhauses stammen von Rudolf Skoda. Kurt Masur konnte 1981 die Schlüssel des neuen Gebäudes entgegennehmen.
Wir besichtigten zunächst den kleinen Saal, der mit Ahornholz getäfelt eine gut Akustik besitzt und für 500 Zuhörer Raum bietet. Dann betrachteten wir das Foyer dieser Etage, bewunderten die Skulpturen Beethovens und Goethes und betrachteten die Wandgemälde, zuerst jenes, das der Antike gewidmet ist. Wir sahen Pan im musikalischen Wettstreit mit Phoebus. Beethoven hat die Sage zum Anlass genommen, die Kantate „Der Streit zwischen Phoebus und Pan“ zu komponieren. Das zweite große Gemälde ist der Neuzeit gewidmet. Auf dem Bild „Der Gesang“ erkannten wir Goethe, Wagner, Mahler und Mendelssohn-Bartholdy. In der Sammlung berühmter Musiker fehlen auch nicht die Bilder von Strawinsky, Schostakowitsch und Eisler, der vor den Faschisten floh und viele Jahre in den USA lebte. Ihm ist das Bild „Im Regen“ gewidmet, dass zum Ausdruck bringt, dass der Komponist sich seit der Emigration weder in der Fremde noch in seiner ursprünglichen Heimat wohlfühlte und entwurzelt war. Das Gemälde „Himmelsstürmer“ bringt zum Ausdruck, dass sich das Leben nicht im Himmel, sondern auf der Erde abspielt. Wir erfuhren, dass sich das Wohnhaus von Mendelssohn-Bartholdy ganz in der Nähe des heutigen Gewandhauses befand und heute als Museum eingerichtet wurde, das zum Teil mit den noch erhaltenen Möbeln, zum Teil aber mit originalgetreu nachgebautem Mobiliar ausgestattet wurde. Bevor wir den Großen Konzertsaal besichtigten, betrachteten wir ein von Felix Ludwig gefertigtes Kunstwerk, das allen Musikern des Gewandhauses gewidmet ist. Zu erkennen sind solche berühmten Musiker wie Masur, Furtwängler, Nikisch und Mendelssohn-Bartholdy.
Schließlich wurden wir in das Zentrum des Kunsthauses, den Großen Saal, mit seinen 2000 Sitzplätzen, dem Steinway-Klavier, der Eichentäfelung und der imposanten Orgel geführt. Das Motto „Res Severa verum gaudium“ (Wahre Freude ist eine ernste Sache) prangt über dem Orchesterraum. Das Orgelgehäuse bildet mit der Architektur des Konzertsaales eine Einheit. Mit seinen 6638 Orgelpfeifen und den „Spanischen Trompeten“, die horizontal in den Raum hineinragen, ist die Orgel einmalig.
Wir verließen den Musiksaal und betrachteten im Foyer die Büste von Robert Schumann. Er studierte in Leipzig Jura und wurde auf Grund seiner großen musikalischen Begabung von Mendelssohn-Bartholdy als Lehrer und später als Konzertmeister am Gewandhaus angestellt. Als er infolge einer Verletzung nicht mehr Klavier spielen konnte, war es Clara Schumann, die seine Klavierkonzerte mit Bravour spielte. Im Foyer besichtigten wir anschließend noch die Gemälde von Sitte und Zander. Zander stellte die Helden der Wagneropern dar: Tristan, Lohengrin und Parzival. Ein Bild zeigt Salome, die den Kopf von Johannes dem Täufer forderte. Ein Gemälde von Walter Womaka scheint auf den ersten Blick nichts mit Musik zu tun zu haben, dann entdeckt der Betrachter aber ein Kofferradio, das damals bei der Jugend sehr beliebt war. Hier im Foyer wird auch Arthur Nikischs gedacht, der nachdem er in Budapest und Wien studiert hatte, von 1855 bis 1922 in Leipzig wirkte. Die Bruckner-Büste erinnert daran, dass Bruckner Gastdirigent in Leipzig war. Auch Mozart gab zwei Konzert in Leipzig, und deshalb ist auch ihm eine Büste gewidmet. Im Erdgeschoss sahen wir die Porträts sämtlicher Kapellmeister seit Bestehen des Gewandhauses und wiederum große Gemälde: das „Lied der Stadt“ und das „Lied vom Krieg“. Zum Schluss bestaunten wir noch das überdimensionale Deckengemälde „Gesang vom Leben“ von Sighard Gille, das man durch die große Glasfront auch von außen sehen kann. Nachts wird das Gemälde angestrahlt und bietet dem Betrachter selbst aus großer Entfernung einen wunderschönen Anblick. Die Führung durch das Gewandhaus war sehr interessant und wissenswert.
Weil wir bis zur Zugabfahrt noch Zeit hatten, besuchten wir die gastronomische Einrichtung in der Moritz-Bastei, die, mitten im Zentrum gelegen, ein Teil der alten Stadtbefestigung war. Heute gilt die Moritz-Bastei als eine der ersten Kulturzentren Leipzigs. Für uns stand natürlich heute nicht die Kultur im Mittelpunkt unseres Besuches des historischen Bauwerkes, sondern das gemeinsame Kaffeetrinken.Beschwingt durch die vielen neuen und schönen Eindrücke, begaben wir uns anschließend zum Bahnhof und kamen am Abend wohlbehalten in Gera an. Unser Dank gilt Bernd und Angelika Kemter, die diese Fahrt organisiert haben.